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Dezember 26, 2024

Rauhnachts-Märchen Teil 6: „Aufstieg – Der Fürst des Lichts“

"Und aus dem Jünglich wird ein Mann

Mit Güte, Liebe, Tatendrang.
So steig hinauf mein goldner Sohn.
Besteige Deinen Königthron.“


Der Erdenbauch vibrierte als die große Mutter mit sonorer, stolzer Stimme das Lied summte. Es war viel mehr als ein Schlaflied, es war eine Weissagung, ein mütterlicher Segen, den sie dem Kindlein in ihren Armen schenkte. Das Kind ist ganz still und ruhig geworden. 

Es schlief mit gesschlossenen Augen und atmete lang und tief. So friedlich und doch hatte es eine neue Energie gewonnen. Die große Mutter fühlte es in ihren Armen. Dieses Baby war kurz davor in seinen Träumen den Höhepunkt seines Lebens zu durchleben. 

Sie wusste ganz genau, wem der Lichtkönig nun in seinem sechsten Traum begegnen würde und diese Begegnung sollte ihn wieder einmal eine Lektion lehren, was er sich wahrscheinlich nicht im Traume hätte vorstellen können.

Sie summte erneut die Melodie in sein kleines Ohr und wiegte ihr Kind ganz sanft von einer zur anderen Seite, denn die große Mutter wusste, nach jedem Aufstieg kommt immer auch ein Fall.


So rannte er hinauf, immer weiter und weiter

Der Lichtkönig hatte längst aufgehört die Stunden zu zählen. Es war auch unwichtig geworden. Alles was ihn antrieb, war seine Mission, von der er nun felsenfest überzeugt war, sie zu erfüllen.

Er würde Licht, Wärme und Liebe geben allen Lebenwesen auf dieser wunderschönen Erde.

Hatte ihm diese Aufgabe Angst gemacht? Ohja!
Macht es ihm manchmal immer noch Angst?
Vielleicht ein bisschen, aber er war so sehr mit Rennen beschäftigt, dass gar kein Platz für Zweifel waren. In jeder Phaser seines muskulösen, glänzenden Körpers, in jeder Sehne spürte er es:

Er war der Fürst des Lichts und die Wesen dieser Welt brauchten ihn. Seine Kinder brauchten ihn. 

Mittlerweile war er schon hoch den Berg erklommen. Überall dort, wo sein Fuß die Erde berührte, schmolz auch noch der letzte Schnee, der sich hier vielleicht noch verirrt hatte in diesen schwindelerregenden Höhen. Stattdessen hinterließ seine Fußspur ein saftiges Grün. 

Sein Körper selbst war glühend vom ganzen Gerenne und so brachte er die höchsten Bergbäche und Bergseen aus der Eisesstarre wieder zum Fließen. Mit jedem Schritt erwärmte er die Gewässer und Meere weit, weit unter ihm. Er rannte wie besessen, dass er gar nicht merkte, als er die höchste Spitze des Berges erreicht hatte. 


Fast schon wollte er übers Ziel hinaus schießen

... da bremste ihn ein sirrendes, klitzekleines Wesen, welches direkt vor seiner Nase herum tanzte, aus. 

Der Lichtkönig machte auf dem höchsten Punkt halt und schrie: „He, weg da. Ich habe eine Mission. Lass mich durch. Ich muss nach oben.“

Du bist ganz oben“, sirrte es genau vor seinem Kopf. Da schaute der Lichtkönig genauer hin, während er lang und tiefe Atemzüge nahm. Ein klizkleines fliegendes Etwas, mit einem schwarz-gelben Pelz und einem silbrig, spitzen Stachel am Hinterteil sirrten vor ihm hin und her.

Hä, was?“, fragte der König ungläubig. „Was willst Du kleines Wesen mir schon erzählen? Geh mir aus dem Weg. Du weißt wohl nicht, wer ich bin“, ächzte der König. In ihm stürmte ein Kampf. Eine Macht ihn ihm wollte nicht glauben, dass er schon am höchsten Punkt angekommen war. Diese Macht wollte immer weiter hinauf. Sie ließ ihn verachtend auf dieses kleine Wesen schauen. 

Ich muss meine Mission erfüllen und du wirst mich nicht aufhalten“, brüllte der König. Er wollte schon weiter rennen, da sirrte das Wesen wieder direkt vor seinem Gesicht herum und irritierte den König. 

Stop!“, rief es mit einer Bestimmtheit, die der König diesem Wesen gar nicht zugetraut hätte. „Pass auf, dass Du in der Demut bleibst, sonst steigt Dir noch Dein Ego zu Kopf“, sirrte es.

Der König wollte schreien, so sehr kämpfte es in ihm. Es waren die zwei Mächte die an ihm zerrten. Einer wollte immer weiter hinauf, hatte aber vergessen, worum es eigentlich in seiner Mission ging und der andere Teil zog ihn zurück und spürte, dass es Sinn machte, dem kleinen Wesen Gehör zu schenken. 

Wer bist Du überhaupt?“, raunte der König, immer noch im inneren Kampf verstrickt. 

Ich bin die Hexe Brachet. Ich erscheine Dir in Form einer Biene. Warum? Na schau Dich doch mal um. Du stehst auf dem höchsten Punkt des Berges. Von hier aus geht es nicht mehr weiter. Aber hast Du Dir eigentlich schonmal angeschaut, was da unter Dir so passiert ist, seit Deinem Aufstieg? Oder hast Du vergessen für wen Du das ganze Gerenne hier eigentlich machst?“, surrte die Biene provokant.


Mit wilder Wut im Gesicht, doch auch mit einem Hauch der Einsicht schaute sich der Lichtkönig um

Er hatte von hier den Überblick über das gesamte Land.

Er sah die Berge, die Täler, die Wälder und Wiesen. Weit, weit hinten sah er sogar etwas, was ihm den Atem nahm. Ein riesiges, nicht enden wollendes Wasser. Sein Licht funkelte und blitze auf dem endlosen Meer. All die Wesen, Tiere, Pflanzen, Menschen waren glückselig, feierten das Leben.

Die Menschenfrauen banden sich Blumenkränze und brauten im Dorf das Bier. Die Männer schichteten das Holz auf, entzündeten ein Feuer und tanzen wie wild herum. Die Bäume hingen voller Früchte, alle Wesen labten sich daran. Das Leben war in vollem Gange. 

Der Lichtkönig kam aus dem Staunen nicht mehr raus. Etwas in ihm wusste, die Biene Hexe Brachet hatte recht. Aber eine andere Seite schrie: „Schau, sie beten Dich an. Sie entzünden sogar Dir zu Ehren ein Feuer. Schau sie feiern Dich. Du kannst jetzt nicht hinab steigen.“

Als hätte die Hexe Brachet seine Gedanken gelesen, stupste sie seine Nase an und sirrte an seinem Ohr vorbei, dass er aufschrak. 

Hey, genau dafür bin ich da. Dein Erfolg steigt Dir wohl zu Kopf. Jetzt pass mal auf. Ich symbolisiere den sechsten Monat Deines Lebens, Brachet genannt oder auch Juni. Und Du mein Hitzkopf brauchst langsam mal eine Abkühlung. Ich bin dafür da, Dich von Deinem hohen Ross herunter zu holen, denn nach jedem Aufstieg folgt ein Fall. Das ist unumgänglich, König!“

Der König merkte seine Wut in sich aufsteigen. Was war das bloß für ein kleines, freches Ding, was ihm Vorschriften machen wollte. Er war hier der König. Alle brauchten ihn doch so sehr. Der Kampf in ihm wurde wieder hitziger und er schrie die Biene an: 

Ich würde alles dafür geben, meine Mission zu erfüllen.“

Alles?“, fragte die Biene kokett, jedoch ganz ruhig und sirrte vor seinen Augen von einer Seite zur Anderen.

„Wirklich alles? Sogar Dein Leben?“


Mit diesen Worten raste die Biene Hexe Brachet auf den König zu ...

... und stach ihn mit ihrem großen langen Stachel direkt in die Mitte seiner schwitzenden Stirn, sodass der König zu taumeln bekann. 

Warum hast Du das getan?“, brüllte er verstört. Sein Schädel schmerzte und brummte und sein Kopf wurde so schwer, dass er herunter zu fallen drohte.

Ich habe das Notwendige getan. Denn Deine Arbeit ist getan. Alle Wesen der Welt sind kraftvoll gewachsen, glückselig, tragen Früchte und nähren und laben sich am Sommer. Aber wenn Du jetzt nicht aufhörst, wirst Du nur Unheil bringen. Schau mal dort unten im Wald. Dieser fängt schon an zu brennen. 

Waren das nicht mal Deine Eibenfreunde? 
Willst Du dafür verantwortlich sein?“

Schockiert und mit vernebelten Blick schaute der Lichtkönig ins Tal. Tatsächlich sein geliebter Eibenwald hatte an einigen Stellen Feuer gefangen. Panik ergriff ihn und er taumelte immer weiter. 

Oh mein Gott. Was habe ich getan? Wie kann ich das wieder gut machen?“ Verzweifelt stiegen heiße Tränen im Lichtkönig auf. 

Die Biene surrte bestimmt: „Steig nun hinab. Dein Auftrag ist getan. Es gibt kein höheres Ziel mehr, was es für Dich zu erreichen gibt. Alles andere wäre einfach das Ego eines törichten Königs, der nicht weiß, wann es an der Zeit ist, seine Macht wieder abzugeben und der damit nur Unheil stiftet. Du musstest heute Deinen Kopf verlieren, damit Dir Dein Erfolg nicht zu Kopf steigt. Erinnere Dich, Du lebst Deine Mission nicht für Dich, sondern für sie...“

Mit diesen Worten surrte die Biene Hexe Brachet an seinem Kopf vorbei und deutete auf das Tal vor seinen Füßen hin. Mit letzter Kraft schaute der Lichtkönig hinab. Alle Wesen waren glückselig, voll der Liebe und Freude. Sie trugen reiche Früchte, wuchsen und nährten sich aneinander. 

Er hatte seine Arbeit getan. Ja das hatte er. Und als ihm die heißen Tränen über die Wangen rollte beobachtete er, wie sich ein Sommergewitter über dem Eibenwald ausgebreitet hatte und das Feuer mit seinem Regen zum Erlöschen brachte. Erleichtert und vollkommen erschöpft sackte der König in sich zusammen.


Er war nicht mehr wie früher in seiner Kraft

Plötzlich wurde der König ganz kurzatmig. 

Was ist plötzlich mit mir los? Ich, ich verliere meine Kraft. Warum bekomme ich keine Luft mehr?“, fragte er in Richtung Hexe Brachet.

Tja, die Luft wird Dir hier oben zu dünn. Es ist nun Deine Zeit gekommen, wieder hinabzusteigen von Deinem Thron und Dich auf den Rückweg zu machen.“

Lang und schwer atmete der König noch ein paar Atemzüge. Seine Knie wackelten und sackten zusammen, sodass der König stolperte. Der Kampf ihn ihm zwischen Ego und Weisheit sollte nun bald einen Sieger haben. Etwas in ihm wusste, dass Hexe Brachet recht hatte. Etwas in ihm wusste, dass nun die Zeit gekommen war, abzudanken und den Berg wieder hinabzusteigen.

Er konnte auch gar nicht anders. Seine Kräfte schwindeten. Alles andere wäre ein aussichtsloser Kampf gewesen.

Während er die ersten Schritte hinab machte, merkte er, wie es immer leichter um sein Herz wurde.

Mit jeden Schritt den Berg hinab, wuchs etwas in ihm, was er zuvor noch nicht kannte. Er hatte seine Gabe gelebt, nicht für sich selbst, obwohl sein Ego das zwischendurch gern so gehabt hätte, doch schließlich für alle Wesen der Welt. Sein Herz wurde immer weiter und leichter und es stellte sich ein friedliches Gefühl ein, was er nicht beschreiben konnte.

"Was war das?"

Dankbarkeit“, surrte die Biene, die ihn ein Stück weit den Berg hinab begleitete. „Das ist es, was Du gerade spürst. Hab ich recht?“

Jaa“, murmelte der König. „Ich sprudele über davon. Es ist das Schönste Gefühl, welches ich bisher gespürt habe.“ 

Mein lieber König, Du hast Deine Lektion gelernt. Nun nimm folgende Fragen mit auf deine Rückweg mit: 

An welcher Stelle steht Dir Dein Ego für die Erfüllung Deiner Mission im Weg?

Wen hast Du auf welche Weise mit Deinem Wirken beeinflusst?

Für was bist Du dankbar, nachdem Du die Früchte Deiner Arbeit siehst?“


Mit diesen Worten schwirrte die Biene Hexe Brachet davon und ließ den taumelnden, gefallenen König zurück. Dieser ließ sich noch ein Stück weit den Berg hinabrollen, bevor er seinen Kopf in einen kühlen Bergsee tauchte. Ein Dunstwolke zischte in die Höhe, so überhitzt war er.

Schließlich rollte er sich im Schatten eines Strauches ein und schlief ein wenig, denn all die Strapazen hatten ihn sehr müde gemacht. Mit einem erschöpften aber dankbaren Lächeln auf den Lippen glitt er hinüber in einen traumlosen Schlaf.


Kleines Ritual zur sechsten Rauhnacht:

Entzünde nun insgesamt sechs Kerzen auf Deinem Lichterteller, Lichteraltar oder Tablet. Eine für jede Rauhnacht, die Du bereits durchgangen bist.

Stelle Dir vor, wir der gesamte Schein, Dich umhüllt. Welche Kraft und Energie will Dir das neue Licht schenken?

In der nordischen Mythologie, so will es die Legende, verliert der Lichtkönig an seinem höchsten Punkt, am 21. Juni seinen Kopf. Genau an dem Punkt seiner größten Macht, beginnt seine Reise ins Sterben.


Verbinde Dich beim Entzünden der Kerzen innerlich mit der Energie dieser Energie des Wendepunkts und mit der Weisheit der Biene.


Setze Dich an Deine Kerzen und meditiere über folgende Fragen: 

An welcher Stelle steht Dir Dein Ego für die Erfüllung Deiner Mission im Weg?

Wen hast Du auf welche Weise mit Deinem Wirken beeinflusst?

Für was bist Du dankbar, nachdem Du die Früchte deiner Arbeit siehst?


Schreibe Dir Deine Erkenntnisse auf.


Kleiner Tipp: Du kannst in Dein Rauhnachts-Tagebuch bisherige Erfolge aus Deinem letzten Jahr aufschreiben. An welcher Stelle hast Du Deinen Höhepunkt erreicht und was hast Du darauf gelernt?



Germaid Charlotte

Gründerin von New Women New Earth, Coach, Sängerin, Medicine Woman.

Germaid unterstützt Dich darin, Deine Beziehungen zu heilen, damit Du mit Freude und Kraft Deiner Weiblichkeit Ausdruck verleihen kannst.


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  • Du machst diese Tier-Seelen so schön & überzeugend erlebbar 😊
    Wiederum spannende Fragen- herzlichen Dank!

  • So ein schönes Märchen und so hilfreich zur Innenschau und Selbstreflexion 🙂 Freu mich schon jeden Tag darauf 🙂 Danke dafür!

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