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Dezember 28, 2024

Rauhnachts-Märchen Teil 8: „Dankbarkeit – Brot im nächsten Jahr“

Das kleine Lichtbaby hatte immer noch ein paar Schweißperlen auf seiner Stirn

Das heftige Fieber der letzten zwei Nächte war vorüber, doch trotzdem strampelte der kleine Neugeborene immer noch im Schlaf. Es war noch viel Kraft in ihm, viel Energie, die sich entladen wollte. 

Die große Mutter nahm etwas kühle, gefrorene Erde und rieb ihren Sprössling damit ein. Sie wusste, dass er selbst durch diese Zeit gehen musste. Er musste in seinem Traum erkennen, dass es für ihn nun die Zeit war, das Zepter abzugeben und sich auszuruhen.

Schlaf, schlaf mein Kindelein schlaf.
Die Zeit nimmt ihren Lauf.
Zogst eins zum hohen Himmel hinauf
Nun ruh' Dich einfach aus.“

Mit einem Lächeln küsste die große Mutter die warme Stirn ihres Kindes und wiegte ihn in ihren Armen, sodass er nun seinen achten Traum träumen konnte.


Noch etwas schläfrig, doch schon wesentlich augeruhter, als in der Nacht zuvor, ...

... wachte der Lichtkönig unter dem Baum nahe des Weizenfeldes auf. Sein Kopf schmerzte nicht mehr all zu doll, doch es pochte trotzdem immer noch leicht hinter seiner Stirn. Irgendwie wollten die alten Kräfte, die ihn einst angetrieben hatten, noch nicht so ganz wieder zurück kehren. 

Vielleicht“, so dachte der Lichtkönig bei sich, „muss ich einfach den Berg wieder hinabsteigen und mich im Tal für eine Weile ausruhen, sodass ich wieder zu neuen Kräften kommen kann."

Also machte sich der Lichtkönig auf den Weg bergabwärts. Er wanderte den Waldweg entlang und erfreute sich an all der Pracht um ihn herum. Die Bäume trugen schwere, bunte Früchte. Rund und rot, gelb und orange. Überall war die Fülle zu sehen. Die Sträucher am Wegesrand hingen voller Beeren, blau und rot und violett.

Er beobachtete die Tiere, wie sie sich an ihnen nährten. Sie konnten gar nicht so viel fressen. Satt und zufrieden legten sie sich nach dem Mahl in den Schatten, doch die Sträucher waren immer noch prall gefüllt. 

Das Herz des Königs flutete sich wieder vor Glück und Dankbarkeit. Wie schön es war, die Früchte seiner Arbeit zu sehen und nun auch zu erleben, wie die Tiere des Waldes sich daran laben konnten, wie glücklich sie waren.

Wenn der König ganz ehrlich zu sich war, war er sich zu Beginn seiner Reise gar nicht bewusst gewesen, dass seine Mission so einen Einfluss haben kann auf andere Wesen. Ja er erinnerte sich, die Hexe Lenzing hatte ihn schon gefragt, auf welche Weise er Anderen Wesen eine Freude machen könne.

Aber dass er so einen weitreichenden Einfluss haben würde, auf das Leben und das Glück der Lebewesen, daran hatte er im Traum nicht gedacht. Wenn er ehrlich war, war zu Beginn seines Lebens viel eigener Ehrgeiz im Spiel gewesen. ER wollte hoch hinaus. ER wollte die Welt sehen.

Jetzt wurde dem Lichtkönig so langsam klar, wie wichtig es war, dass er seine Gabe lebte, da er dadurch viel mehr Wesen als sich selbst glücklich machen konnte. Und das widerum verschaffte ihm das Gefühl von Dankbarkeit, welches sich irgendwie noch viel wohliger in seiner Brust anfühlte, als der eigensinnige Ehrgeiz nur für sich alleine loszugehen. 


Nach einer Weile lichtete sich der Wald und leichten, frohen Schrittes trat der Lichtkönig hinaus aus dem Wald

Vor ihm eröffnete sich eine weite Ebene. Er war nun fast am Fuße des Berges angekommen. Vor ihm erstreckte sich das weite, saftige Tal, die grünen Wiesen, die fruchtbaren Heine und die gülden, leuchtenden Felder. 

Was sahen seine Augen? Die Menschen im Tal waren eifrig damit beschäftigt die Felder zu bestellen. Mit großen Geräten ernteten sie die goldenen Felder ab, banden die Halme zu großen Heuhaufen und brachten sie mit Pferd und Ochse in die Stallungen. An jeder Ecke wurde gearbeitet und gewerkelt.

Die Menschen schienen gut gelaunt zu sein. Sie feierten die prächtige Ernte und freuten sich des Lebens. Überall auf den Höfen fanden Festlichkeiten statt. Die Menschen Deckten lange Tafeln, deren Holzlatten sich unter der Fülle an Früchten schon bogen. Die Menschen füllten die Früchte und Gemüse in Gläser und verstauten sie in ihren Kellern. 

Warum lagern sie die Lebensmittel denn ein?“, wunderte sich der König. Er hatte doch seine Mission erfüllt, also würden die Menschen doch nun jederzeit Nahrung haben. „Seltsam.“

Etwas verwundert wanderte der Lichtkönig weiter zum Fuße des Berges. Neben ihm eröffneten sich bereits die abgeernteten Felder. Was ihm auffiel war, dass die Menschen nie das ganze Feld abernteten. Einen kleinen Teil des Weizens ließen sie an einer Ecke des Feldes stehen. Als er an den Menschen vorbei zog, die auf den Feldern arbeiteten, sangen sie ein Lied. 

Lugh Lugh Lughnasadh
Brot im nächsten Jahr.
Holt, holt, holt das Korn.
So wie es immer war.“


"Brot im nächsten Jahr?", ...

... wunderte sich der König.
„Warum denken die Menschen denn jetzt schon an das nächste Jahr?“

Ssssss“, zischte ein Geräusch direkt vor seinen Füßen. 

Na weil, diessse Fülle nicht das ganzzzee Jahr über anhält. Wasss denkst du denn König? Deine Weisheit darf noch ein bisschen wachsen, glaube ich. Ss-ss-ss-ss.“

Der Lichtkönig schrak etwas zurück. Direkt vor ihm windete sich ein langes, dünnes Etwas auf dem Boden. Beine hatte es keine. Trotzdem konnte es sich schnell fortbewegen. Wie eine Welle glitt es über den Boden und die kleine, lange Zunge schnellte manchmal aus dem Mund heraus und zog sich wieder zurück. 

Dieses Wesen war ganz andern, als alle die er zuvor gesehen hatte. Es hatte kein Fell, keine Federn und auch keine Borsten. Es war eher eine schuppige, glatte Haut in braun und mit Punkten darauf. 

Was bist du denn für ein Wesen? Und hast Du da etwa gerade meine Gedanken gelesen?“, fragte der Lichtkönig und beugte sich etwas zu dem Wesen hinunter. 

Ich mein werter König bin die Hexe Ernting und ich erscheine Dir in Form einer Schlange. Ich ssssymbolisiere den achten Monat in Deinem Leben, den Augusssst oder auch Ernting genannt, weil es jetzt genau darum geht, die Ernte einzufahren, im Außen wie auch im Innen. Aber dazu später mehr. 

Und ja, natürlich lessse ich deine Gedanken. Dassss ist mein Spezialgebiet. Aber Dein fragender Ausdruck stand Dir ja auch ins Gesicht geschrieben. Ss-ss-ss-ss.“, lachte die Hexe Ernting. 

Dir ist wohl noch nicht ganz bewusst, welche Zeit nun angebrochen ist, wasss?“

Um ehrlich zu sein, nein. Ich hatte eigentlich den Plan nur kurz vom Berg hinabzusteigen und mich im Tal am Wasser etwas auszuruhen, sodass ich zu neuen Kräften kommen kann, um dann den Aufstieg wieder zu beginnen.“, sagte der Lichtkönig.

Ss-ss-ss-ss“, lachte die Schlange. „Na das glaubst aber auch nur du. Nein, nein so schnell geht das nicht. Zu erst kommt noch der Herbst. All das, was Du jetzt noch in voller Pracht siehst, wird vergehen. Die Blätter der Bäume werden ihr saftiges Grün verlieren und sich in ein goldenes orange verwandeln. Die letzten Früchte werden geerntet werden.“

Waaas?“, fragte der Lichtkönig bestützt. „Ist das der Grund, warum die Menschen die Lebensmittel in ihren Kellern lagern? Soll diese Fülle denn nun nicht für immer und ewig anhalten? Da habe ich mich doch so sehr angestrengt meine Mission zu erfüllen. Das kannst Du doch nicht ernsthaft meinen.“

Etwas verblüfft setzte sich der König auf einen Stein am Wegesrand.

Mein lieber König“, zischte Hexe Ernting und schlängelte sich zu ihm. „Heute lernst Du eine sehr wichtige Lektion. Nichts mein lieber König, nichts bleibt für die Ewigkeit. Alles ist vergänglich. Noch befinden wir uns in mitten der Fülle. Die Menschen sind fröhlich und sind dankbar für die Ernte. Aber sie wissen auch, dass auch wieder Zeiten kommen, in dem die Bäume und Felder keine Früchte tragen.

Aus diesem Grunde lassen sie immer einen Teil der Ernte auf dem Feld stehen. Als Zeichen der Dankbarkeit und als Opfergabe, an die Wettergötter, dass sie auch im nächsten Jahr eine gute Ernte bescheren mögen. Sie geben von ihrer Fülle etwas zurück, um zu zeigen, dass sie nicht gierig sind und dass sie vertrauen, dass für sie gut gesorgt ist.“

Staunend hörte der Lichtkönig der Schlange Hexe Ernting zu.

Und weist Du mein lieber Lichtkönig. Höre auf meine Weisheit, damit auch Deine Weisheit wachsen möge. Erst in dem Bewusstsein, dass alles endlich ist, kann man wahre Dankbarkeit und Wertschätzung für das Leben entwickeln. Dankbarkeit. Das Gefühl kennst Du doch bereits Lichtkönig, nicht wahr?“

Ja, das kenne ich wohl“, sprach der König in ruhigem Ton. „Ja es ist das wundervollste von allen Gefühlen, die ich bisher in meiner Brust gespürt habe.“

Gut“, zischte die Schlange. „Gut, dass Du es fühlen kannst. Das ist nämlich wichtig, um wahre Weisheit zu erlangen. Nun gebe ich Dir noch eine letzte Lektion mit, bevor ich davon schlängele.

Glaubst du immer noch, dass Du Deine Mission ganz allein erfüllt hast? Ich verrate Dir ein Geheimnis. Das was Du hier siehst, ist nicht allein Dein Verdienst. Alle Wesen in der Natur, auf Erden und am Himmelszelt haben dazu beigetragen, dass Fülle entsteht. Die Menschen, die Tiere, der Regen, der Blitz und der Donner, Großmutter Mond und Mutter Erde selbst. Sie alle haben mitgewirkt und Hand in Hand gemeinsam Fülle kreiert.

Deine Rolle ist sehr wichtig, ja, Du kannst sie aber niemals leben, ohne die Anderen. Nichts geht allein. Deine Gabe und auch die Fülle in Deinem Leben hast Du dem großen Zusammenspiel zu verdanken. Daher ist es wichtig Weisheit zu entwickeln und nicht überheblich zu werden. Wenn Du versuchst, Dinge im Alleingang zu tun, wird es keine Fülle geben in Deinem Leben und auch nicht im Leben der Anderen.

Bevor ich nun weiter ziehe gebe ich Dir 3 Fragen mit. Reflektiere sie wohl und gut, denn sie werden Dich zur Weisheit führen mein Lichtkönig:

Wer hat Dir in Deinem Leben geholfen, damit Du dort bist, wo Du heute bist?
Wem oder was bist Du dankbar in Deinem Leben?
Was kannst Du Anderen Gutes tun, um Deinem Dank Ausdruck zu verleihen?


Ich wünsche Dir einen guten Abend mein weiser Lichtkönig und zauberhafte Träume. Ich werde nun weiter meines Weges ziehen und mal schauen ob ich mir da drüben auf dem Feld ein Mäuschen fangen kann. Ss-ss-ss-ss.“, mit diesen Worten zischte Hexe Ernting ab und verschwand im abgemähten Feld.


Der Lichtkönig saß noch eine ganze Weile auf seinem Stein und schaute vor sich ins Leere

Was die Schlange gesagt hatte, berührte sein Herz sehr.

Wahre Weisheit erlangen, das fühlte sich sehr gut für ihn an. Dankbarkeit zeigen, für die Wesen, die ihn bis hier her gebracht hatten. Ja, das fühlte sich richtig gut an. Mehr und mehr wuchs im älterwerdenden König die Weisheit, dass es in seinem Leben nicht um ihn allein ging, sondern dass er Teil eines viel größeren Ganzen war. 

Plötzlich umhüllte ihn dieser die schwere Müdigkeit. Er lehnte sich an den Stein an und schloss die Augen. Mit einem ruhenden Gesicht glitt er hinüber in einen weiteren traumlosen Schlaf.



Kleines Ritual zur achten Rauhnacht:

Entzünde nun insgesamt acht Kerzen auf Deinem Lichterteller, Lichteraltar oder Tablet. 

Lasse das Licht auf Dein Leben scheinen, auf Dein letztes Jahr und all die Jahre zurvor. Begib Dich in einen meditativen Zustand, schließe vielleicht die Augen und stelle Dir vor, wie das Licht all die Dinge beleuchtet, für die Du in Deinem Leben dankbar sein kannst.


Verbinde Dich beim Entzünden der Kerzen innerlich mit der Dankbarkeit in Dir.


Setze Dich an Deine Kerzen und meditiere über folgende Fragen: 

Wer hat Dir in Deinem Leben geholfen, damit Du dort bist, wo Du heute bist?

Wem oder was bist Du dankbar in Deinem Leben?

Was kannst Du Anderen Gutes tun, um Deinem Dank Ausdruck zu verleihen?


Schreibe Dir Deine Erkenntnisse auf.


*Das Rituallied zum keltisch-germanischen Ernte-Fest Lughnasadh stammt von Ulrike Weiland.


Kleiner Tipp: Du kannst in Dein Rauhnachts-Tagebuch all die Dinge aufschreiben für die Du in Deinem Jahr 2024 dankbar bist.



Germaid Charlotte

Gründerin von New Women New Earth, Coach, Sängerin, Medicine Woman.

Germaid unterstützt Dich darin, Deine Beziehungen zu heilen, damit Du mit Freude und Kraft Deiner Weiblichkeit Ausdruck verleihen kannst.


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